Die Pandemie, in der wir seit nunmehr über einem Jahr stecken, ist erschreckend. Kein Lebensbereich wurde von den Auswirkungen des Lockdowns oder der Kontaktbeschränkungen verschont. Häufig erwische ich mich selbst dabei, darüber nachzudenken, was mir fehlt, oder genervt darüber zu jammern, was man nicht alles hätte besser machen können. Aber - am Ende des Tages - sitzen wir alle im selben Boot und es geht darum, nach vorne zu schauen und uns so bald als möglich und so sicher wie möglich, unsere Lebensterritorien wieder zurückzuerobern.
Ich möchte heute die Frage stellen, ob nicht auch in diesem "Schlechten", in der Krise, etwas Gutes stecken könnte. Darauf konzentriere ich mich nicht oft genug und werde aus diesem Grund die Punkte darstellen, die mir dazu einfallen. Mit diesem Blick auf das Gute möchte ich das Erschreckende nicht leugnen, sondern in gewisser Weise ein emotionales Gegengewicht entwickeln.
Noch etwas: Positiv zu denken, den Blick nach vorne zu richten, ist in Krisenzeiten richtig und wichtig. Die Tatsache aber, dass ich zu diesem Zeitpunkt über die Chancen und positiven Wirkungen für unser Miteinander durch die Krise philosophieren kann, zeigt, dass ich kein Betroffener bin. Und in keiner Weise möchte ich damit das Leid und die Trauer derjenigen verharmlosen, die erkrankt sind oder sogar ihr Leben wegen COVID-19 lassen mussten. In diesem Sinne - und das ist mir sehr bewusst - schreibe ich eigentlich aus einem Luxusproblemchen heraus....
Aber dennoch - machen wir uns folgendes klar:
Wegen der Corona-Krise...
…haben viele von uns mehr freie Zeit, die wir mit Dingen füllen können, die uns guttun oder die wir schon immer mal machen wollten.
…halten wir mehr zusammen. Plötzlich sieht man die Nachbarn oder bietet an, Einkäufe für jemand anderen zu erledigen. Die meisten Menschen halten sich an die Vorgaben, bleiben auf Abstand, bedecken Mund und Nase, um sich gegenseitig zu schützen. Wir merken, dass wir einander brauchen.
…haben die Alten in unserer Gesellschaft wieder einen höheren Stellenwert bekommen (#Rücksichtnehmen).
…wird transparent, wo die echten Schwachstellen unseres Gesundheits- und Schulsystems liegt. Die Krise wird uns hier hoffentlich einige Jahre nach vorne katapultieren.
…haben wir verstanden, dass wir nichts als selbstverständlich erachten sollten. Freiheit, offene Grenzen, Schutz des einzelnen, Schule - all dies sind keine Naturgesetze.
…wird klar, wie wichtig Digitalisierung für alle Bereiche der Gesellschaft geworden ist. Und wir lernen, ihre Vorteile zu schätzen.
…haben wir begriffen, dass der Wert von Arbeit sich nicht am Gehalt ablesen lässt. Und das mindeste, was der Einzelne zurückgeben kann ist, freundlich zu sein.
…haben wir verstanden, dass unsere Gesundheit unser wertvollster Schatz ist. "Wer nicht jeden Tag etwas für seine Gesundheit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit für seine Krankheit opfern." (S. Kneipp)
…gönnen wir der Umwelt eine Verschnaufpause. Es fällt mir auf, dass mir auffällt, wenn ich ein Flugzeug am Himmel sehe und man liest von Fischen im Canale Grande.
…wurde das "höher, schneller, weiter" wieder auf Anfang gesetzt. Wir freuen uns auf Kleinigkeiten, die vorher selbstverständlich waren (z.B. wieder mal etwas essen, was man nicht selbst gekocht hat). Wir haben gelernt, dass wir anders als gewohnt leben können.
…haben wir neue Wege der Zusammenarbeit für uns entdeckt. Wir haben den Umgang mit online-Medien schnell gelernt. Und es funktioniert (meistens).
…haben viele Menschen wieder einen besseren Zugang und mehr Vertrauen zu Wissenschaft und Forschung bekommen. Die meisten wissen Heute, was ein "Epidemiologe" ist und welchen Stellenwert die Forschung bei der Bekämpfung der Pandemie hat.
…sind wir erfinderisch geworden. Viele von der Krise gebeutelte Einzelhändler haben sich neue, digitale Vertriebsmöglichkeiten erschlossen. Restaurants liefern oder bieten einen Abholservice an.
…können wir durch die Kontaktbeschränkungen die Menschen sehr einfach vermeiden, von denen wir das Gefühl haben, dass sie uns nicht guttun
…haben wir weniger Angst, etwas zu verpassen. "FOMO" können wir uns sparen, es passiert gerade sehr wenig.
…haben einige die Mundhygiene für sich entdeckt, weil sie vom Geruch ihres eigenen Atems irritiert waren...😷
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Karin (Freitag, 05 März 2021 17:23)
Sehr schöne Gedanken, und sehr viel Wahrheit! Wäre super, wenn das auch diejenigen lesen, die meistens das Glas halb leer sehen!
Christine (Freitag, 05 März 2021 21:44)
Sogar einer Pandemie kann etwas positives abgewonnen werden, wahre Worte.
Melanie (Sonntag, 07 März 2021 19:52)
Super geschrieben und auch mit einer Prise Humor - DAAAANKE :-)